Ursachen einer bakteriellen Vaginose

Wodurch genau eine bakterielle Vaginose verursacht wird, ist wissenschaftlich bislang noch nicht abschließend geklärt. Fest steht aber, dass sich im Scheidenmilieu ein bakterielles Ungleichgewicht entwickelt. Nützliche Milchsäurebakterien werden von sich (zu) stark vermehrenden Bifidobakterien verdrängt. Zudem müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, damit eine bakterielle Vaginose entstehen kann.

  • Von einer bakteriellen Vaginose, kurz BV, sprechen Ärzte, wenn die nützlichen und schützenden Milchsäurebakterien in der Scheidenflora durch bestimmte Bakterienarten, zusammenfassend als Gardnerella spp. bezeichnet, verdrängt werden. Es entsteht ein bakterielles Ungleichgewicht, zugunsten pathogener (krankmachender) Keime.
  • Gardnerella spp. kommen auch in der gesunden Scheidenflora vor. In geringer Besiedlung sind sie nicht schädlich. Vermehren sich Gardnerella spp. jedoch zu stark, können die Bakterien einen Biofilm bilden, der an Vaginalwand haften bleibt. Dieser Biofilm lässt sich oft nur schwer behandeln und ist wahrscheinlich für die hohe Rückfallquote bei einer BV verantwortlich.
  • Warum sich Gardnerella spp. bei Frauen in der Scheide so stark vermehren und die schützenden Milchsäurebakterien verdrängen, ist wissenschaftlich noch nicht vollständig verstanden. Es müssen jedoch mehrere Faktoren zusammenkommen, damit eine bakterielle Vaginose entstehen kann.
  • Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung einer BV ist das Immunsystem beziehungsweise die Immunantwort der betroffenen Frau. Auch bestimmte hormonelle Veränderungen können beteiligt sein.
  • Eine BV kann auch durch Geschlechtsverkehr übertragen werden.

Wie gerät das Scheidenmilieu aus dem Gleichgewicht?

Eine bakterielle Vaginose entsteht, wenn das natürliche Gleichgewicht des Scheidenmilieus gestört wird. Normalerweise sorgen schützende Milchsäurebakterien, auch Laktobazillen oder Döderlein-Stäbchen genannt, für ein ausgewogenes Scheidenmilieu und einen stabilen vaginalen pH-Wert. So tragen sie zu einer intakten und abwehrstarken Intimgesundheit bei. Der Frauenarzt Albert Döderlein (1860 – 1941), der sie entdeckte, fasste sie damals unter der Spezies Lactobacillus acidophilus zusammen.1

Aufgaben der schützenden Milchsäurebakterien1:

Die Hauptaufgabe der Laktobazillen besteht darin, das natürliche Scheidenmilieu und den vaginalen pH-Wert gesund und stabil zu halten. Dies erreichen sie auf verschiedene Weise:

  1. Verdrängung von Krankheitserregern: Durch ihre bloße Anwesenheit verhindern Laktobazillen, dass sich krankmachende Keime an die Scheidenschleimhaut anheften und vermehren, wodurch Beschwerden im Intimbereich reduziert werden können.
  2. Produktion von Milchsäure: Laktobazillen wandeln das in der Vagina vorhandene Glykogen in Milchsäure um, was ein saures Scheidenmilieu (pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4) aufrechterhält. Dieses saure Milieu erschwert es Erregern zu überleben.
  3. Entzug von Nahrungsgrundlagen: Glykogen dient einigen Erregern als Nahrungsquelle. Durch seine Umwandlung in Milchsäure wird diesen Erregern die Nahrung entzogen.
  4. Antimikrobielle Stoffe: Laktobazillen produzieren Stoffe wie Wasserstoffperoxid und Bakteriocine, die das Wachstum von Mikroorganismen hemmen. Diese Stoffe wirken antimikrobiell und unterstützen so eine abwehrstarke Scheidenflora. Besonders wirksam sind Laktobazillen, die Wasserstoffperoxid produzieren, wie L. acidophilus.
  5. Antibiotisch wirksame Eiweißmoleküle: Laktobazillen bilden auch Eiweißmoleküle, die antibiotisch wirken und schädliche Bakterien in Schach halten.

Bei der bakteriellen Vaginose werden die schützenden Laktobazillen jedoch durch pathogene Erreger verdrängt. Diese Krankheitserreger sind häufig von Natur aus in der Vagina der Frau vorhanden und haben in geringer Anzahl keinen Krankheitswert. Erst durch ihre übermäßige Vermehrung und die Verdrängung der guten Milchsäurebakterien entsteht das Krankheitsbild der bakteriellen Vaginose. Im weiteren Verlauf bilden diese Erreger einen sogenannten Biofilm, eine Art Bakterienverbund, der an der Vaginalwand haftet.

Es handelt sich bei der bakteriellen Vaginose also nicht um eine klassische Infektion, sondern um eine Dysbiose, also ein Ungleichgewicht des Scheidenmilieus. Warum sich die krankmachenden Erreger vermehren und die schützenden Milchsäurebakterien verdrängen, ist noch nicht abschließend geklärt. Da die Entstehung einer bakteriellen Vaginose von mehreren Faktoren beeinflusst wird, einschließlich der Immunabwehr der betroffenen Frau, wird sie heute als Syndrom verstanden.2,3

Milchsäurebakterien für Erhalt & Wiederherstellung einer gesunden Scheidenflora. Vaginalzäpfchen mit Milchsäurebakterien stärken ein geschwächtes Scheidenmilieu und stabilisieren den pH-Wert, dank Laktobazillen (L. acidophilus).

An der Entstehung einer bakteriellen Vaginose sind immer mehrere Faktoren beteiligt

Viele Bakterien in der Vagina stimmen mit denen im Darm überein und können auf unterschiedliche Weise die Gesundheit beeinflussen, z. B. durch bestimmte Immunprozesse. Solche immunologischen Faktoren können auch das Auftreten einer bakteriellen Vaginose begünstigen. Darüber hinaus zählen die Herkunft einer Frau, ein ungesunder Lebensstil, hormonelle Faktoren und eine sexuelle Übertragung zu den Risikofaktoren.

Bei einer bakteriellen Vaginose gerät das physiologische Gleichgewicht einer gesunden Scheidenflora aus der Balance. Die nützlichen und schützenden Laktobazillen, die die Milchsäure produzieren und so für den leicht sauren vaginalen pH-Wert sorgen, werden durch einen ganzen Bakterienverbund (Gardnerella spp.) verdrängt. Zudem bildet sich im weiteren Verlauf ein sogenannter Biofilm, der an der Vaginalwand haftet. Dieser Biofilm erschwert die Therapie und scheint dafür verantwortlich zu sein, dass die Beschwerden häufig wieder auftreten. Auch kann sich der physiologische Zustand des Scheidenmilieus weiter verschlechtern und es kann zu Folgeinfektionen kommen.2,3

Wie entsteht der unangenehme Geruch?

Der mit einer bakteriellen Vaginose einhergehende fischige Intimgeruch ist für die betroffenen Frauen oft sehr unangenehm. Dieser Geruch hat jedoch nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Er entsteht vielmehr, weil die Gardnerella-Bakterien, die sich bei einer bakteriellen Vaginose zu stark vermehren, Proteine in Amine umwandeln. Der unangenehme Geruch tritt jedoch nicht bei jeder Frau auf.

Zu den Hauptsymptomen einer bakteriellen Vaginose gehören ein vermehrter, dünnflüssiger Scheidenausfluss, ein erhöhter vaginaler pH-Wert und ein unangenehmer, fischiger Intimgeruch. Warum diese Symptome immer ärztlich abgeklärt werden sollten und die sogenannten Amsel-Kriterien und der Nugent Score relevant für die Diagnose sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Woher kommt eigentlich ein strenger oder fischiger Intimgeruch? In der Vagina leben eine Vielzahl verschiedener Bakterien. Im Normalfall dominieren gesundheitsförderliche Stämme wie die Laktobazillen, die die schützende Milchsäure produzieren. So entsteht ein leicht säuerlicher Geruch, ein Anzeichen für eine gesunde, gepflegte Vagina. Ein unangenehmer oder gar fischiger Geruch aus der Scheide kann hingegen auf eine Infektion mit Bakterien hinweisen.

Risikofaktoren: Was begünstigt eine bakterielle Vaginose?

Die genauen Zusammenhänge zur Entstehung einer bakteriellen Vaginose sind noch nicht abschließend geklärt. Allerdings konnten Mediziner einige Faktoren ausfindig machen, die das Auftreten einer bakteriellen Vaginose begünstigen können.

Hier die wichtigsten Risikofaktoren2,3:

Stand: 07/2024

Weitere Infos zur bakteriellen Vaginose

In der Schwangerschaft stellt eine intakte und abwehrstarke Intimflora den größten Schutz für das ungeborene Baby und den Schwangerschaftsverlauf dar. Untersuchungen bestätigen einen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer bakteriellen Vaginose und dem Auftreten verschiedener Komplikationen während der Schwangerschaft. Umso wichtiger ist das rechtzeitige Erkennen und eine geeignete Behandlung der BV bereits bei Kinderwunsch und zu Beginn der Schwangerschaft.

Eine bakterielle Vaginose (BV) muss mit einem Antibiotikum oder einem Antiseptikum behandelt werden. Medikamente zum Einnehmen und Präparate, die vaginal verabreicht werden, können kombiniert werden. Vaginalzäpfchen mit Milchsäurebakterien können die Behandlung einer BV unterstützen und die Rückfallquote senken.

Weitere Ratgeber zur Intimgesundheit

Das physiologische Scheidenmilieu besteht aus verschiedenen Mikroorganismen, die ein gesundes Gleichgewicht aufrechterhalten und krankmachende Keime abwehren. Eine gestörte Scheidenflora äußert sich beispielsweise durch Juckreiz, Brennen oder einen veränderten Ausfluss. Die Verwendung lebender Milchsäurebakterien kann helfen, das Scheidenmilieu wieder aufzubauen und gesund zu halten.

Der vaginale pH-Wert sollte zwischen 3,8 und 4,4 liegen, also im sauren Bereich. Ob das bei ihnen der Fall ist, können werdende Mütter z.B. ganz einfach mit einem Selbsttest ermitteln. Zeigt sich dann, dass der vaginale pH-Wert bei 4,5 oder darüber liegt, kann das dafür sprechen, dass die Scheidenflora aus dem Gleichgewicht geraten ist. Um Komplikationen vorzubeugen, sollten Schwangere derartige Veränderungen zeitnah mit ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt besprechen und abklären lassen.

Für unangenehme Symptome im weiblichen Intimbereich gibt es viele mögliche Ursachen und Risikofaktoren. Oft unterschätzt (oder auch überschätzt) wird dabei die richtige Intimhygiene. So können z. B. Intimdeos oder Scheidenspülungen die sensible Region reizen und das natürliche Scheidenmilieu aus dem Gleichgewicht bringen.

Autorin
Stephanie Nitsch

Fachredaktion Healthcare
Pharmareferentin nach § 75 Arzneimittelgesetz, Medizinprodukteberater nach § 31 MPG / § 83 MPDG, Examinierte Krankenschwester.

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Geprüft von
Dipl. Chemikerin Mariola Matura

Chief Scientific Officer
Chief Scientific Officer, Qualified Person §15 AMG, Universitätslehrgang „Pharmazeutisches Qualitätsmanagement“

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